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Festkommers

Erstellt am 04.04.2012 von katrin.hiernickel Überarbeitet am 27.06.2012 von katrin.hiernickel

Der Festkommers anlässlich unseres Vereinsjubiläums fand am 26.5. 2012 um 15.00 Uhr in der Haßfurter Rathaushalle statt. Schirmherr dieser Veranstaltung war unser Mitglied und Bürgermeister Rudi Eck.

Ein Auszug aus der Festrede von Katrin Hiernickel Sehr geehrte Festgäste, wenn Sie schon die Gelegenheit hatten, in unserer Festschrift zu blättern, dann finden Sie ein schönes Zitat von Dieter Kienast auf der ersten Seite. “Der Garten ist der letzte Luxus unserer Tage, denn erfordert das, was in unserer Gesellschaft am kostbarsten ist: Zeit, Zuwendung und Raum.“ Dieser Satz darf nicht umsonst die erste Seite zieren. Er steht für die Wertschätzung, die viele Menschen der Gartenkultur entgegen bringen. Heute ist diese erbrachte Zeit umso wichtiger, da man sich den ersehnten Zustand der Ruhe, der Muße, wie einen kostbaren Schatz immer wieder erarbeiten muss. Dieses hochaktuelle Thema findet sogar in der diesjährigen Deutsch-Abituraufgabenstellung Niederschlag. Eines der gestellten Themen beschäftigte sich genau damit: mit Muße und Nichtstun. „Denn das Leben auf der Jagd nach Gewinn zwingt fortwährend dazu, seinen Geist bis zur Erschöpfung auszugeben, im beständigen Sich-Verstellen oder Überlisten oder Zuvorkommen: die eigentliche Tugend ist jetzt, Etwas in weniger Zeit zu thun, als ein Anderer.“ So heißt es bei F. Nietzsche, in „Muße und Müßiggang“. Nietzsche erkannte als Zeitgenosse der Gründerväter unseres Vereins, dass es nicht die Aufgabenfülle allein ist, die uns Stress macht, sondern das Leben auf der viel zitierten Überholspur. Und diese Erkenntnis ist so alt wie unser Verein! Die hier aufgezeigte Lobpreisung der Muße hat mich deshalb tief berührt, denn wir wissen doch alle, dass unsere Gesellschaft an einen Punkt gelangt ist, wo das Bedürfnis nach geistiger und seelischer Entspannung übermäßig groß ist. Insofern spiegelt sich in der o.g. Abituraufgabe auch nur die aktuelle gesamtgesellschaftliche Diskussion. Warum schauen wir alle so sehnsüchtig nach einer Auszeit? Unschwer ist zu erkennen, dass das heutige Leben von solch einer Fülle an Anforderungen gekennzeichnet ist. Man bekommt das Gefühl, nicht mehr Schritt halten zu können. Jederzeit abrufbar zu sein, hat eben nicht nur Vorteile. Die Aufgaben nehmen gefühlt zu, indem sie durch unsere vernetzte Welt ständig präsent gehalten werden. Die geschlossene Arbeitszimmertür hilft nicht weiter, wenn das Handy die neuesten e-mails auch in den Biergarten sendet. Kein Wunder also, dass alle Welt das Loblied auf Entspannung und Muße singt. Doch kennen Sie die Antwort darauf, was unseren Geist mit der nötigen Frische versorgt, ohne ihn weiter zu überfordern? Vielleicht denken Sie spontan an die Natur. Die Natur zu fühlen ist in diesem Zusammenhang nahe liegend, da der Zugang zu allen Sinnen in einem natürlichen Umfeld besonders gefördert wird. Doch nicht nur Wald und Wiese, sondern in besonderem Maße auch der Garten bieten einen solchen Sinneszugang. Letzterer umso mehr, da er ohne Vorbereitungsaufwand bereit steht. Der tägliche Rundgang durch das kleine grüne Paradies vor der Haustür erfreut viele Menschen. Und es gibt nicht wenige, die darin und in der Pflege ihres grünen Idylls eine Tankstelle für neue Alltagskräfte sehen. Die Sehnsucht der Menschen nach einem privaten Stück Natur, einem Garten, hat eine überaus lange Tradition. Und wenn wir heute 125 Jahre Vereinsarbeit feiern, dann ist das eine fast lächerlich anmutende Zahl im Vergleich zu den Jahren, die der Garten an sich Begleiter der Menschheitsgeschichte ist. Zum einen brauchte man immer schon den Garten als Nutzgarten. Auch unser Verein war lange Zeit vor allem nutzgartenorientiert. Im speziellen ging es um Obstbaumzüchtung. Der 1887 gegründete „Obstbauverein“ hatte sich laut Satzung zur Zielsetzung gemacht, die Obstbaumkultur zu vervollkommnen. Auch die spätere Vereinsentwicklung ist auf eine Ertragsnutzung hin orientiert. Damit steht man in einer guten Tradition, man denke nur an die mittelalterlichen Klostergärten, die Nutz- und Heilpflanzen kultivierten. Doch neben dem reinen Ertragsgarten, ist der Garten schon seit Menschendenken immer auch ein spiritueller Ort gewesen. Ein Ort für die Freizeitgestaltung, ein therapeutischer Ort für die Seele. Schon die Pharaonen besaßen so genannte Lustgärten, womit sie ihre privilegierte Stellung ausdrückten. Strenge Symmetrie der Anlagen zeichnete diese ägyptische Gartenkunst aus. Pavillons, Baumalleen, Blumenbeete und das Thema Wasser lockten die ägyptische Oberschicht in die Tempelgärten. In Indien, China, Japan kam die Gartenkunst ebenso zu höchster Blüte, hier wurde die Landschaft im Sinne des Zen-Bhuddismus en miniature nachgeahmt und ganz wichtig - auf die Ausgewogenheit der Elemente geachtet. Kennen Sie das 7. Weltwunder? Die hängenden Gärten der Semiramis von Babylon. Allein die Tatsache, dass ein Bauwerk, das keinen weiteren Zweck besaß, als die Sinne mit Natur und Wasserspielen zu erfreuen, in die antike Liste der Weltwunder aufgenommen wurde, zeigt den Stellenwert den Menschen der Gartenkultur immer wieder entgegenbrachten. Eine Villa mit Garten zu besitzen – statt in der Mietskaserne, der engen und stickigen insula zu hausen, war auch für die römische Oberschicht luxuriöser Standart. Hier wurde der Nutzgedanke bewusst verdrängt. Der Garten ist sinnliches Erlebnis, für seine Pflege hatte man Sklaven. Auch in späteren Zeiten hat der Garten immer wieder inspiriert. Denken wir nur an die herrlichen Schlossgärten Europas. Auch Johann Wolfgang Goethe ist als großer Gartenfreund bekannt. Als er im Jahre 1775 nach Weimar kam, zeigte er alsbald großes Interesse für einen großen – allerdings verwilderten – Garten nebst Gartenhaus. Nach dessen Instandsetzung wurde dies sein Lieblingsort. In diesem wirkte Goethe an seinen wichtigsten Werken. Hierher zog er sich zurück, wenn er Inspiration suchte. Seine Lieblingsblumen, die er in ganzen Alleen pflanzte, waren übrigens Malven. Pink. Safrangelb, lila. Und auch in seiner Dichtung spielt der Garten eine ganz besondere Rolle. Wo könnten sich Faust und Gretchen ihre Liebe gestehen – in der Gartenszene – wo sonst? Von diesem romantischen Umgang mit dem Garten profitierten jedoch nur wenige. Gerade das 19. Jahrhundert, in dem unser Verein gegründet wurde, brachte noch Hungersnöte über die arbeitende Bevölkerung. Wer kann da an Lustwandeln und Vergnügen denken, wenn es gilt, jede Erdkrume für den heimischen Gemüseanbau zu nutzen. Der Nutzgarten war somit über lange Zeit hinweg, eine unabdingbare Notwendigkeit, die Ernährung zu sichern. Doch mit der fortschreitenden Industrialisierung gab es für viele diese Möglichkeit nicht mehr. Der Städter, der Arbeiter, besaß kein Stückchen Gartenland mehr, um seinen Bedarf ein wenig aufzubessern. Wie nötig hätte er ihn gehabt. Erst die Schrebergartenkolonien greifen den Gedanken wieder auf und schaffen gegen Ende des 19. Jahrhunderts grüne Oasen inmitten der Industrielandschaften. Hier konnte der weniger privilegierte Arbeiter Zugang zur Natur finden und hier entstand im Laufe der Jahrzehnte eine ganz eigene Gartenkultur – die oft belächelt wurde und die dennoch bis heute ein Erfolgsmodell ist. Der heutige Garten erscheint insofern als ideale Symbiose unserer Bedürfnisse. Wir gestalten ihn zum Nutzen und zur Befriedigung unseres Mußebedürfnisses. Unser Verein unterstützt diese Entwicklung passgenau. Gerade in unserem eher städtisch geprägten Umfeld kann der Garten nicht mehr nur nutzpflanzenorientiert sein, sondern erfüllt das Bedürfnis nach Muße und Entspannung. Das ins Bewusstsein zu rufen, und damit die Aktualität der Gartenkultur zu betonen, ist Aufgabe des Stadtverbandes in den nächsten Jahren. Wenn es uns gelingt, dieses Thema attraktiv umzusetzen, dann ist mir um die Zukunft des Stadtverbandes nicht bange. Ich wünsche mir, dass unser Verein auch weiterhin wachse, blühe und gedeihe. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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